Gastbeitrag von Tierfotograf William Will
Egal, ob kuscheliger Vierbeiner oder federgeschmückter Freund – die eigenen Tiere gehören einfach zu den liebsten Fotomotiven. Doch natürlich gibt es nicht DIE Rezeptur für schöne Tierfotos – ganz im Gegenteil. Die Fotografie lebt von der Kreativität der Fotografen. Davon, dass sich jeder selbst ausprobiert und seinen eigenen Stil entwickelt. Doch immer wieder stehen Hobbyfotografen hier plötzlich vor einer Barriere, die verhindert, dass dieser kreative Prozess erreicht werden kann. Und genau da wollen wir heute mal ansetzen und zeigen wie schöne Tierbilder gelingen.
Inhaltsverzeichnis
1. Die Technik
1.1 Objektivwahl
1.2 Einstellungen
1.3 Kamerawahl
2. Das Licht
3. Die Bearbeitung
4. Das Fazit
Die Technik
Viele werden es kennen: Die eigenen Bilder werden beim täglichen Stöbern auf Instagram mit anderen Ergebnissen verglichen. Und schnell kommt die Frage auf: “Kann ich das mit meiner Kamera überhaupt?”. Die Antwort ist: ja!
Mit jeder Kamera können schöne Tierbilder gemacht werden, unabhängig von Preis, Alter und Hersteller. Auch, wenn die Technik maßgeblich für das Entstehen verschiedener Effekte ist, so werden die Perspektive und das Motiv durch den kreativen Kopf dahinter gewählt.
Objektivwahl
Eines dieser Effekte ist zum Beispiel das Bokeh. So ist gerade in der Hundefotografie ein wunderbar freigestelltes Motiv mit butterweich verschwommenem Hintergrund ein enorm beliebtes Mittel. Zustande kommt das Bokeh durch die Kombination eines besonders lichtstarken Objektivs, gepaart mit einer entsprechend hohen Brennweite.
Beliebt sind hier vor allem Festbrennweiten zwischen 85mm und 135mm, die dann auch noch eine besonders weit geöffnete Offenblende zwischen F1.6 und F2.8 besitzen. Nebenbei bietet das außerdem den Vorteil, dass die gerade bei bewegten Models wichtige Verschlusszeit besonders kurz gehalten werden kann. Ebenfalls erfreulich ist der Preis. Gerade die 85mm Portraitobjektive sind meist zu erschwinglichen Preisen zu ergattern.
Mit einer Festbrennweite ist der Fotograf gezwungen, den ausgewählten Bildausschnitt gründlicher zu durchdenken. Zoomen ist nur durch Bewegung möglich. Das schafft eine ganz andere Beziehung zu der Situation und Perspektivenwahl und hilft dabei, einen eigenen Stil zu entwickeln. Der fehlende Zoom klingt vielleicht anfangs etwas abschreckend, sollte es aber definitiv nicht sein!
Ein weiteres beliebtes Objektiv ist ein Standard- oder Telezoom. Hier sprechen wir meist von 70-200mm Brennweite bei F2.8 oder weniger. Es eignet sich natürlich auch für Bilder mit unbeweglichen Motiven, spielt aber seine Vorteile vor allem bei Bewegtbildern aus. Gerade bei Tieren, die sich in einem bestimmten Radius bewegen, ist es schwierig, sich immer nur auf eine Stelle fokussieren zu müssen. Entscheidend ist hier die Lichtstärke. Sie sorgt auch für den zumeist recht hohen Preis.
Einstellungen
Generell gilt: Im manuellen Modus gibt es die meisten Freiheiten. Wer sich hier noch nicht herangetraut hat, bekommt es wärmstens ans Herz gelegt. Wichtig ist zum Ersten das grundlegende Belichtungsdreieck, dann die Zeit zum Ausprobieren und Vertiefen. Diese kommt meist zu kurz und führt dann zu Frust und zurück zum Automatikmodus.
Für Tierfotos ist primär der Serienbildmodus zu empfehlen. Die Models sitzen meist ja doch nicht still oder machen plötzlich süße Grimassen, die dann nicht fehlen dürfen. In Bezug auf die Technik empfiehlt sich hier natürlich eine hohe Serienbildrate und eine entsprechend schnelle Speicherkarte zu kaufen, dann stehen einmaligen Tierfotos nichts mehr im Wege.
Die Belichtungs- und Fokusmodi sind dann für Fortgeschrittene. Gerade bei Fotos im Gegenlicht oder speziellen Bildausschnitten sollte man sich unbedingt vorher mit ihnen ausprobiert haben. Sie bieten völlig neue Möglichkeiten. Das können beispielsweise Spotmessungen sein. Hierbei wird die Belichtungsmessung des Bildes auf einen Punkt konzentriert. Damit fließt ein eventuell deutlich dunklerer Rand kaum bis gar nicht in die Messung mit ein.
Kamerawahl
Wie eingangs erwähnt, lässt sich mit theoretisch jeder Kamera ein gutes Foto machen. Neben dem richtigen Fotomodus spielen hier aber natürlich auch zusätzliche Features eine Rolle. In den aktuellen Kamera-Bodys gibt es einige, die für Tierfotos definitiv hilfreich sind.
Fokuspunkt
Egal bei welcher Art von Bildern, der exakte Fokuspunkt ist einer der wichtigsten Kriterien, die es zu beachten gilt. Sitzt er falsch, lässt sich das nur schwer im Nachgang korrigieren.
Mithilfe moderner Technologien gibt es inzwischen Methoden, wie den Auto-Augen Fokus, der bei Menschen, aber eben auch bei Tieren hervorragende Arbeit leistet. So sitzt der Fokus immer perfekt auf dem Auge. Einziger Haken an der Sache: Am Ende ist es deutlich schwieriger, Bilder derselben Szene eindeutig auszusortieren. Man möchte sie eigentlich alle behalten.
Serienbildrate
Neben dem Fokus gilt wie bereits erwähnt ein Augenmerk der Serienbildrate. Leider heißt es hier wer mehr Geld ausgibt, bekommt auch mehr. Letztendlich muss hier jeder seine eigenen Prioritäten setzen. 5 oder 20 Bilder pro Sekunde können am Ende natürlich einen Unterschied machen, aber wie oft kommt man als Hobbyfotograf in entsprechende Extremsituationen?
Einsatzgebiet
Ein weiterer wichtiger Blick gilt dem zukünftigen Einsatzgebiet. Wird oft in dunklen Hallen fotografiert? Oder eher nur bei Sonnenschein? Zu bedenken ist dies unter anderem bei der Wahl der Sensorgröße. Der Crop-Faktor spielt bei Nicht-Vollformatkameras eine Rolle für die Brennweite, aber eben auch für die Blendenzahl. Letzteres schlägt fast doppelt zu buche, wenn man bedenkt, dass ein kleinerer Sensor generell auch für weniger Licht steht.
- Wird oft im Freiem und im Hellen fotografiert, ist es prinzipiell egal für welchen Sensor sich entschieden wird.
- Greift man zu den kleineren, wie den MicroFourThird hat man natürlich nicht nur eine sehr leichte und kompakte Kamera, sondern eben dank des kleinen Sensors auch beeindruckende Serienbildzahlen. Gerade wer viel unterwegs ist und die Kamera oft bei Spaziergängen dabei haben möchte kommt hier auf seine Kosten.
- Bei Vollformatkameras bekommt man nun das Gegenteil. Viel Licht, aber teure Serienbildraten sind zu erwarten. Außerdem sind es oft sehr schwere Kameras, die dafür eine extrem hohe Lichtempfindlichkeit und Bildqualität bieten können.
- Das wohl am meisten verbreitete Format sind die APS-C Sensoren. Sie sind ein guter Kompromiss und in vielen Preisklassen erhältlich.
Das Licht
Ja, das Licht. Neben dem Kopf, die wohl wichtigste Komponente. Ein schlecht ausgeleuchtetes Bild lässt sich in der Bearbeitung korrigieren. Ein Highlight, durch Gegenlicht oder Reflexionen nur schwer hinzufügen. Jeder, der fotografiert, fängt automatisch an auszuprobieren. Die Welt wird plötzlich zu einer Zusammensetzung aus Motiven. Wird nun durch den Sucher geschaut, versucht man, dem Bild einen Ausdruck zu verleihen, der es einzigartig macht. Mithilfe des Lichts lassen sich viele Effekte konstruieren, die die meisten, wenn auch unbewusst, bereits nutzen.
Wer sich aktiv damit auseinandersetzt, wird anfangen mehr auf das Licht zu achten. Wann ist der Himmel rot? In welche Richtung steht die Sonne? Für all diese Fragen gibt es zahlreiche hilfreiche Apps. Doch empfiehlt es sich, am Tag vorher einmal zu schauen, ob das Licht zu der vorhergesagten Uhrzeit auch wirklich das macht, was gewünscht ist.
Hier bieten auch die Jahreszeiten völlig unterschiedliche Möglichkeiten. Kombiniert mit einer entsprechenden Location schafft ein Sonnenaufgang im Frühling – vielleicht noch mit leichtem Nebel – völlig neue Eindrücke für Tierfotos. Sie lassen sich auch wunderbar mit entsprechenden Spaziergängen – besonders bei Hund und Pferd – kombinieren.
Die Bearbeitung
Ein letzter Punkt ist die Bearbeitung. Er ist zu einem der wichtigsten Bereiche in der Fotografie geworden. Gerade in der Tierfotografie können mit der Nachbearbeitung die vom Bild ausgelösten Emotionen auf einen Höhepunkt gebracht werden. Dabei geht es jetzt nicht um das Austauschen des Himmels in Photoshop, sondern eher um das Anpassen der wichtigsten Faktoren im Histogramm.
Fotobearbeitung ist eine Wissenschaft für sich und Bedarf ebenfalls einer Menge Zeit, doch es lohnt sich. Wer vielleicht bereits seine Fotos bearbeitet, sollte beachten, dass der Umstieg auf das RAW-Format einen immensen Unterschied macht. Hier befinden sich sehr viel mehr Informationen zu Farbe und Licht im Bild als bei einem JPG. Es ist eine wichtige Erfahrung, diese Einstellung mal in der eigenen Kamera zu treffen und auszuprobieren.
Natürlich ist das Entwickeln etwas umständlicher, doch hebt es die Fotos auf ein völlig neues Level. Wer beim Ausprobieren nicht ganz so viel Geld ausgeben möchte, hat selbstverständlich Zugriff auf viele kostenlose Angebote an Programmen auf dem Markt. Jedoch ist zu sagen, dass die Benutzerfreundlichkeit bei den altbekannten Tools von Adobe und Co. einfach in einer ganz anderen Liga spielt. Davon sollte man sich aber nicht entmutigen lassen und es anpacken. Zu den kostenfreien Alternativen gibt es ebenfalls unendlich viele Tutorials.
Das Fazit
Der persönliche Stil ist es, der den eigenen Bildern letztendlich die Besonderheit gibt. Um diesen zu erreichen, gilt es, sich auch auf Basis der Erfahrung anderer sich selbst auszuprobieren. Hierfür greift man die Expertise und Erfahrung anderer Tierfotografen auf und nutzt sie für das eigene Weiterkommen.
Hilfreich ist dabei das Kontakte knüpfen, sowohl lokal als auch auf Social Media. Das Vernetzen und der Austausch bringen neue Inspiration für zukünftige Bilder und helfen so bei einer stetigen Weiterentwicklung. Fototouren mit Gleichgesinnten oder gar Workshops können ebenfalls neue Perspektiven eröffnen.
Viele verschiedene Situationen kann man auch erreichen, indem man die Kamera immer mehr in den eigenen Alltag integriert. Eine gewisse „Kamerazeit“ kann helfen, gezielt und entspannt loszuziehen und sich selbst an neuen oder alten Motiven zu versuchen.
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